Heute abend war ich joggen. Das ist nichts ungewöhnliches und soll auch nicht das Thema dieses Eintrags werden, aber es ist gewissermaßen der Auslöser dafür. Als ich nämlich schon fast wieder zu hause war, kamen mir drei Jungs im Alter von sieben bis acht Jahren entgegen. Sie tuschelten und machten sich am Gartentor meiner Nachbarin zu schaffen. Was sie da taten, konnte ich nicht sehen, aber als ich näher kam, ließen sie plötzlich von dem Tor ab und gingen weiter. Dabei hörte ich noch folgende Worte: „Ist doch egal. Ist doch Freinacht!“ Aha, Freinacht… Der Begriff ist doch vorhin schon im Radio immer wieder gefallen. Bis vor einem Jahr war mir dieses Wort noch völlig unbekannt und bis jetzt habe ich nicht weiter gefragt, was es bedeutet, doch nun bin ich neugierig geworden.
Vor einem Jahr bin ich am Morgen des 1. Mai nichtsahnend nach draußen gegangen und habe mich ziemlich gewundert, als ich mit Klopapier und Rasierschaum verzierte Autos sah. Auch Briefkästen und Türen waren über Nacht besprüht und beklebt worden. Erst später habe ich erfahren, dass dieser Schabernack ein Brauch ist, den man in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai treibt. Ich als Hamburger Fischkopp wusste zuvor nur vom Tanz in den Mai, den man in dieser Nacht feiert.
Heute nacht ist es also wieder soweit und nun möchte ich doch genauer wissen, was es mit der Freinacht auf sich hat. Also schnell mal gegooglet und ein paar Wissenswertigkeiten herausgefunden:
Die Freinacht war in der Vergangenheit den ledigen Burschen vorbehalten, die sich einen Spaß daraus machten, Gartentüren und -tore auszuhängen und woanders zu deponieren oder Blumentröge, Hausbänke, nicht abgeschlossene Fahrräder usw. zu „verziehen“ oder mit Gartenmöbeln aus diversen Vorgärten neue Ensembles auf dem Kirch- oder Dorfplatz zu gestalten. Sehr beliebt war es auch, eine „Spur“ von „ihm“ zu „ihr“ zu legen. Entweder verwendete man dafür Sägemehl oder malte als Verbindung zwischen den beiden Häusern einen weißen Farbstrich auf die Straße, der – zum großen Bedauern der Betroffenen – weit über den 1. Mai hinaus hielt. Solche Lektionen waren für die beteiligten Parteien in der Regel schwer zu verkraften, vor allem, wenn die Beziehung noch nicht öffentlich war. Manchmal nutzten die Jugendlichen die Freinacht auch dafür, Ereignisse aus dem Gemeindeleben oder die verantwortlichen Lokalpolitiker zu karikieren. So wurden z. B. Ortsschilder mit Spottnamen überklebt oder an den Rathäusern Transparente mit frechen Versen angebracht. (Quelle: Heimat Bayern)
Die Herkunft dieses Brauchs ist jedoch nicht eindeutig festzustellen:
Die Herkunft all dieser Bräuche ist so verwirrend und vielfältig wie diese selbst: Im Kalender der Kelten, der nur zwei Jahreszeiten kannte, war der 1. Mai der Übergang vom Winter zum Sommer – ein Anlass für wilde Feste und schaurige Blutopfer. Die Germanen wollen in dieser Nacht ihre Göttin Freia beobachtet haben, wie sie mit Wotan den Frühling zeugte.
In christlicher Zeit hat die Volksheilige Walburga (oder Walpurgis) der Freia den Rang abgelaufen: Die um 710 in England geborene Äbtissin des Klosters Heidenheim in Franken galt als Beschützerin vor Zauberpraktiken und bewahrte Mensch und Vieh vor den Umtrieben der Hexen. Termin ihrer Heiligsprechung: Der 1. Mai.
Das Umschlagen von Hexenzauberkult in profanen Schabernack dürfte ein weltlicher Termin befördert haben: Vor der Musterung und dem Beginn des Militärdienstes am 1. Mai war jetzt die letzte Gelegenheit, unbeschadet über die Stränge zu schlagen. (Quelle: BR-online)
Daneben liest man aber auch immer wieder von einem Ausarten der Freinacht und daraus hervorgehenden Sachbeschädigungen. Mal sehen, wie es morgen auf den Straßen aussieht. Ich bin gespannt…